by woerteralbum
Der letzte Mensch vorm Tribunal
der ander'n Überlebenden,
die ebenfalls gering an Zahl,
hatte einen schweren Stand,
weshalb man ihn schnell schuldig fand.
Hatte er doch die Biosphäre
mit seinen schnell aufstrebenden
Artgenossen auf der Erde
behandelt wie sein Eigentum.
Den Richtern lagen vor posthum
Aussagen diverser Arten,
von Dodos, Blauwalen, Giraffen -
auch etlichen Menschenaffen! -,
die er vertilgte aus dem Garten,
der ihm nur war anvertraut.
Da war das Urteil eingebaut.
Das Gericht ohne Rezess
und ohne Gnad' - vorhersagbar,
da alle Vorwürfe ja wahr -
am Ende vom Bio-Prozess
den gerechten Spruch schnell fand,
weil er ihm schon lang bekannt:
Der letzte Mensch wird konserviert,
einbalsamiert, mumifiziert,
zur Abschreckung dann exhibiert,
damit man ewig auf ihn stiert,
erschauernd, mehr als nur pikiert.
Nun liegt sie da, der Schöpfung Krone,
in einem Glassarg. Ohne
Mitleid und Bedauern.
Niemals wird wer um sie trauern.
www.woerteralbum.de
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Tania (Dienstag, 13 Januar 2015 17:18)
Wie düster und makaber. Liebeskummer und Weltschmerz nur für die ältere Garde? ... die Gicht des Geistes, ganz egal wie alt man sein sollte (?).
mo (Dienstag, 13 Januar 2015 22:48)
Das Gedicht wendet sich an einen promovierten Naturwissenschaftler, Frau Dr., der mit "Bio-Prozess" etwas ganz anderes im Sinn hatte. Die Freiheit nahm ich mir.
"Gicht des Geistes" gefällt mir, da Gicht ja eine Stoffwechselstörung ist, die auf unmäßig einseitiger Ernährung beruhen kann. Wenn man den Geist also - analog gedacht - ähnlich unbalanciert füttert, kann das wohl auch zu schweren Ausfallerscheinungen führen. Weltschmerz habe ich selber so viel, dass es ein rechter Befreiungsakt war, sich darüber lustig zu machen; vielen Dank also für dieses schöne Wort!