Sieben Burgen

by woerteralbum

 

Sieben Burgen


Die Erste Burg: früher Versuch.
Man wob statt Leinen- Leichentuch.
Die Zweite Burg: Man fasste Fuß,
erkannte sich am deutschen Gruß.
Der wurde später neu erfunden.
Das waren dann die dunklen Stunden.

Die Dritte Burg: Man hat Verkehr.
Untereinander, bittesehr.
Auch mit dem Orient, wenn nütze;
vor dem der Herrgott uns sonst schütze.
Die Vierte Burg: Der Türke kommt!
Zur Wehrkirche, wer kämpft und frommt!

Auf die wilden, fremden Scharen
rollt Felsblöcke, sonst Janitscharen
der Bruder, Sohn und alle werden,
die sich jetzt nicht verbissen wehren! 
Die Fünfte Burg: Es ist erreicht. 
Man hat sein Auskommen vielleicht.

Jenseits der Wälder: Wallachei.
Am Ortsrand: Zigan, vogelfrei.
In den Bergen Schafe, Hirten,
die mit Palukkas dich bewirten,
dabei reden viel vom Vlad.
Man weiß, wie der gewütet hat.

Wo so viele Stämme wohnten
und so viele Herrscher thronten,
rauscht das Wasser wild und klar.
Spült hinunter, was mal war:
viele Fluchten
durch die Schluchten.

Die Sechste Burg heißt k. und k.,
Palatschinken, hussassa!
Nach Anschluss völkisches Hurra.
Dann dreht sich was, wird Golgatha.
Erst will der Russe seine Rate.
Den Rest nimmt die Securitate.

Die Siebte Burg, sie ist verwaist,
altes Erbe längst vergreist.
Neues Geld kommt in das Land.
Wem es nützt, bleibt unbekannt;
Hauptsache, es kommt nur her!
Im Wald herrscht immer noch der Bär.

Vorm Penny-Markt betteln Zigeuner,
treten nach 'nem Hundestreuner.
Den rächt der Wolf, wenn's ihm gefällt,
weshalb man ihm noch Fallen stellt.
Die sind verboten, steht geschrieben.
Wen kümmert es? Durchs Dorf getrieben,

halten Schafe, Büffel auf
jedweden Verkehrsverlauf.
Sie stehen wie die Zeit ganz still,
auch wenn ihr Hirte es nicht will.
Schalte zurück für Mensch und Vieh
und zähme deinen SUV.

Fahr langsam in die Stadt hinein.
Es sagt dir Jemand, sie sei Sein.
Du glaubst es, doch scheint dir gering,
dass anders heißt Klein/Großer Ring.
"Gestohlen" sei die Stadt, sagt Sie.
Du schweigst, denn so sahst du es nie.

Sie mag verwirrt sein vom Verkehr -,
den gab es damals ja nicht (mehr).
Sie dennoch jeden Durchschlupf kennt,
alles beim deutschen Namen nennt:
Vanillegasse, Lügenbrücke.
Doch heute klafft da manche Lücke. 

Gen Dicken Turm der Schulweg ging,
dann quer über den Großen Ring.
Kastanien säumten einst den Pfad.
Es steht noch eine akkurat.
Die Stadt, sie heißt wie immer noch,
nur eben auf dem Ortsschild doch


Hermannstadt

an zweiter Statt.


In Sibiu liegt manches brach.
Das tut sehr weh, gibt man dem nach.
All dies ist nur Vergangenheit.
Man weiß das, denn man ist gescheit.
Und muss doch denken, wie es wär'
mit alledem, was ist nicht mehr.

 

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